Ist die S-Bahn pünktlich, welche Verbindung bringt mich am schnellsten von A nach B, und wo steht eigentlich das nächste Leihfahrrad? Diese und viele weitere Fragen beantworten inzwischen eine Vielzahl an Mobilitäts-Apps und werden so zum täglichen Begleiter für uns. Funktionen und verfügbare Mobilitätsangebote dieser Apps wachsen rasant, variieren aber auch stark – von der reinen ÖPNV-Routeninfo bis hin zur Super-duper-Mobility-as-a-Service-App (MaaS) steht alles zum Download bereit. Bei so großer Auswahl kann man leicht mal durcheinanderkommen.
Für die Verkehrsunternehmen und Aufgabenträger stellt sich daher die Frage, was eigentlich die richtige Strategie ist? Brauche ich die eine App, die alles kann oder brauche ich doch eher mehrere mit unterschiedlichen Funktionen für spezifische Use Cases? Welcher Anbieter ist eigentlich der Beste? Oder lohnt sich stattdessen eine Eigenentwicklung?
In den Verkehrsunternehmen meint man die Bedürfnisse der Fahrgäste und App-Nutzer:innen zu kennen oder beauftragt diesbezüglich sogar Marktforschungen. Wir beantworten die Frage mittlerweile anders: Wir schauen uns an, was von den Nutzer:innen tatsächlich positiv bewertet wird – dazu gibt es keine spannendere Quelle als die Bewertungen in den einzelnen App-Stores.
Der Funktionsumfang der App ist nicht entscheidend für den Erfolg.
Mehr erfahrenMaaS-Apps in deutschen Großstädten wettbewerbsfähig mit der kommerziellen Konkurrenz
Mehr erfahrenHaCon (Siemens) entwickelt die am besten bewerteten Apps
Mehr erfahrenApps mit XiXo-Funktionalitäten werden besser bewertet als ÖPNV-Apps im Durchschnitt
Mehr erfahrenUnter den führenden Apps des deutschen ÖPNV ist keine der zahlreichen regionalen Derivate des DB Navigators. Auch keine der Mobility-Inside-Apps mit ihrem überregionalen Ticketing-Ansatz hat es in die Top Ten der deutschen ÖPNV-Apps geschafft. Der Marktanteil der Mobility-Inside-Apps ist aber auch noch vernachlässigbar gering und liegt im Google Play-Store wahrscheinlich unter dem eines kleineren kommunalen Verkehrsunternehmens.
Grundlage der Analyse ist eine explorative Recherche, bei der wir die angebotenen Apps in den jeweiligen Regionen der relevantesten Verkehrsverbünde in Deutschland und Österreich identifiziert haben. So entstand eine Gesamtstichprobe von 170 Apps mit signifikanten Downloadzahlen. Die Vergleichbarkeit dieser Apps ist durch einen gleichen Technologiestandard in den beiden Ländern gegeben. Das Ranking basiert auf einer gewichteten Analyse der Bewertungen der Nutzer:innen in den jeweiligen App-Stores in Deutschland (Apple App-Store und Google Play-Store). Dazu werden die Bewertungsanzahl und die Bewertungspunkte von Apple und Google multipliziert und zusammengeführt. Durch die Summierung der Ergebnisse beider Plattformen entsteht so ein gewichteter Gesamtwert. Die jeweils besten Apps werden in verschiedenen Kategorien gekürt, je nach den jeweils enthaltenen Funktionen. Auch wenn der ein oder die andere Verzweifelte mal nicht ganz unterscheiden kann, ob hier die App bewertet werden soll oder die Pünktlichkeit und Reliabilität des Angebots, verlieren die Bewertungen im Gesamten nicht an Aussagekraft.
Es lohnt ein differenzierter Blick auf die App-Strategien in den Großstädten Berlin, München und Hamburg. Dort hat sich mit den Jahren ein erfolgreicher Multi-App-Ansatz etabliert – das heißt eine App für einen oder mehrere bestimmte Use Cases und eine oder mehrere bestimmte Nutzergruppe. Verkaufsschlager im Google Play-Store in Bezug auf die Downloadkategorien sind die klassischen Informations- und Ticketing-Apps sowie die reinen Ticketing-Apps (jeweils 1 Mio.–5 Mio. Downloads). In Hamburg wird letztere seit gut einem Jahr als XiXo-App angeboten, während in München und Berlin diese Technologie (noch) keine eigene App hervorgerufen hat. Auch die angebotenen MaaS-Apps finden immer mehr Abnehmer:innen und können sich in der Downloadkategorie 100.000–500.000 behaupten. BVG Jelbi, entwickelt von der litauischen Firma Trafi, ist in diesem Vergleich mit einer gewichteten Bewertung von 4,51 ganz oben auf dem Siegertreppchen, gefolgt von den Eigenentwicklungen hvv switch (4,39) und MVGO (3,93). Während die MVG in Kooperation mit Mobility Inside die überregionale MVG-Deutschland-App entwickelt hat, verzichten die BVG und der hvv bisher auf diesen Ansatz.
Mitnichten. Bei einem Blick auf die Downloadkategorien (Google Play-Store) unserer Gewinner wird klar: Ein Platz auf dem Treppchen korreliert nicht mit hohen Downloadzahlen (> 1 Mio.). Beachtlich sind die Downloadzahlen der Apps mit Ursprung in der DACH-Region jedoch allemal. Zwar kann keine ÖPNV-App mehr als 5 Mio. Downloads aufweisen, in der Kategorie 1 Mio. bis 5 Mio. Downloads können sich aber folgende Apps behaupten: BVG Tickets: Bus & Bahn Berlin, BVG Fahrinfo: ÖPNV Berlin, MVG Fahrinfo München, hvv – ÖPNV Tickets & Fahrinfo (Name im App-Store: hvv – Hamburg Bus & Bahn), VVS Mobil, DB Streckenagent, Fahrplaner, VBB Bus & Bahn: Tickets & Zeiten, WienMobil. Wenig überraschend leben in den Einzugsgebieten dieser Apps jeweils mehrere Millionen Menschen, was die hohen Nutzer bzw. Downloads erklären kann. Umso interessanter ist jedoch die Erkenntnis, dass es sich dabei ausschließlich um klassische Info- und Ticketing-Apps handelt.
Eine weitere Erfolgsstory kommt bei genauerer Untersuchung zweier Betreiber ans Licht: Mit SmartRide (4,58) führt die Verkehrsauskunft Österreich sogar das ÖPNV-App-Ranking an, mit cleVVVer mobil (4,48) erreicht sie den vierten Platz und findet sich in der Downloadkategorie 100.000–500.000 wieder. Auch die anderen angebotenen Apps OÖVV App (50.000–100.000 Downloads), VOR AnachB (100.000–500.000 Downloads) und BusBahnBim (100.000–500.000 Downloads) erreichen einen sehr guten Score (> 4,10). Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr ist mit seinen Apps mobil.nrw (4,30) und VRR App & DeutschlandTicket (4,27) gleich zweimal im ÖPNV-App und XiXo-App-Ranking unter den Top 3, wobei erstere in der Downloadkategorie 100.000–500.000 verortet ist und letztere sogar 500.000–1.000.000 Downloads erreicht hat. Die Verkehrsauskunft Österreich und der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr sind daher zwei prototypische Beispiele dafür, dass mit einer gemeinsamen White-Label-Lösung die Überwindung von Kleinstaaterei und Leuchtturmdenken möglich ist und so ein neues Zeitalter für Kundenzentrierung und Zufriedenheit eingeläutet werden könnte.
In Summe hat die gesamte Branche ein Thema. Ihre Apps sind im Mittel deutlich schlechter von Nutzer:innen bewertet als zum Beispiel kommerzielle urbane Mobilitätslösungen (Shared Mobility).
An der Komplexität des ÖPNV kann es nicht liegen. Es gibt Verkehrsunternehmen, die sehr wohl sehr gut bewertete Apps im Markt haben. Bei den MaaS-Apps liegen Sie sogar leicht vor bzw. auf Augenhöhe mit den kommerziellen Wettbewerbern.
An den Technologieanbietern kann es auch nicht liegen. Die Hälfte der Top Ten der am besten bewerteten Apps in Deutschland und Österreich sind von den beiden Marktführern. Beide haben bewiesen, dass Sie es können.
Eigenentwicklungen mit nennenswertem Erfolg gibt es in Hamburg und München für MaaS-Apps. Andere Eigenentwicklungen sind dagegen deutlich unterdurchschnittlich bewertet.
Nischenanbieter sind mit sehr unterschiedlichem Erfolg im Markt aktiv. Vereinfacht gesagt lässt sich beobachten: je komplexer die App, desto schlechter die Bewertung für einen Nischenanbieter.
MaaS-Apps werden in den drei größten deutschen Städten und in Leipzig sehr gut bewertet. Mit Ausnahme von Leipzig verfolgen alle diese Städte eine Multi-App-Strategie.
Der augenscheinliche Fokus der Verkehrsunternehmen auf nutzerfreundliche Bedienung und App-Oberfläche bei der Konzeption der MaaS-Apps lohnt sich. Auch die durchschnittliche Bewertung dieser liegt höher als in den Vergleichsgruppen.
Seit mehr als einem Jahrzehnt versuchen die Betreiber öffentlicher Verkehrsmittel auf der ganzen Welt, nach den Sternen zu greifen, um unser multi- und intermodales Reiseerlebnis zu verbessern. Allerdings ist bisher noch keiner der öffentlichen Verkehrsbetriebe, Agenturen oder Technologieanbieter auf dem MaaS gelandet. Es stellt sich die Frage, warum Kund:innen nicht die integrierten Lösungen für Information, Buchung und Abrechnung aus einer Hand nutzen. Um diese Fragen zu beantworten, untersucht ein neues Diskussionspapier von civity die Landschaft der Mobility-as-a-Service-Plattformen (MaaS).
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